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XBOX HD+: OG XBOX mit HDMI-Anschluss modden

Ich hab mich daran gemacht, eine originale XBOX aus dem Jahr 2003 mit einem XBOX HD+ Mod zu versehen. Gründe gabs hierzu einige. Zuerst einmal ist die XBOX die meine Kindheit/Jugend prägende Konsole gewesen. Des weiteren habe ich sie durch ihre hervorragende Modbarkeit schätzen gelernt. Dementsprechend lange ist mein 2003 gefertigtes Modell auch bereits modifiziert. Zu guter Letzt fehlen meinem aktuellen Heimkino Setup im Wohnzimmer jegliche analoge Eingabeports. Bei dem alten habe ich mittels Aftermarket-Kabeln recht anständiges Videosignal über Component bekommen. Allerdings hatte ich hier auch nie eines, welches mir den optischen Ausgang für Dolby Digital / DTS 5.1 Sound bereitstellen könnte. Bonuspunkte wollte ich mit dem Abschließen meines ersten, komplizierteren SMD / Flexkabelgelöts sammeln. Hierfür habe ich mir in letzter Zeit extra Sachen wie Mikroskop, Lötkolben, Flussmittel, Entlötlitze etc. gekauft.

Voraussetzungen

Ich möchte eigentlich niemandem Angst vor so einer Modifikation machen: Dennoch würde ich wärmstens folgendes Equipment empfehlen, um diesen Umbau umsetzen zu können. Man kann einige Schritte sicherlich anders machen – dazu später mehr – ich würde auf folgende Helferlein aber nicht verzichten wollen:

  • Lötkolben mit feiner Spitze (größerer, zusätzlicher Meißel empfehlenswert)
  • Vergrößerung! (Monokel, HDMI-Kamera (Latenz!), Optisches Mikroskop)
  • Flußmittel (flüssig, oder Gel)
  • Regelbare Heißluftpistole
  • Entlötlitze und/oder Saugpumpe
  • Pinzette
  • Lötzinn
  • ruhige Hand
  • Isopropylalkohol – könnte auch bei dem letzten Punkt helfen

Der Mod setzt außerdem voraus, dass bereits eine mit einem Modchip versehene Konsole vorhanden ist und ein custom Dash auf der HDD installiert wurde. Es gibt zwar vereinzelte Erfolgsmeldungen, dass ein modifiziertes BIOS erfolgreich auf den TSOP geflasht wurde, das setzt allerdings voraus, dass man ganz genau weiß, was man tut. Auf jeden Fall wird eine etwaige Fehlersuche immens erschwert. Ich habe aus alten Tagen noch einen X. B. I. T. Chip drin, der “brickproof” ist, da beim Einbau ein Trace durch wegbrechen einer Ecke getrennt wird. Deswegen lässt er sich nicht aus dem laufenden Xbox System flashen, sondern ausschließlich mithilfe eines externen Rechners über USB.

Hier spiele ich in der Tat mit dem Gedanken, diesen nachträglich durch einen OpenXenium zu ersetzen. Das Prozedere mit einem extra neu aufzusetzenden Windows XP hat mir derartige Schmerzen bereitet, dass ich das in Zukunft gerne umgehen würde.

X.B.I.T. Modchip

Leckenden Uhrzeit-Stützkondensator entfernen

Allerdings ist mir beim Herausnehmen des Mainboards eine ganz unschöne Stelle rund um den zum Auslaufen berüchtigten Clock-Capacitor aufgefallen. Bislang war er für sein Alter überraschend lange trocken, dass muss sich seit der letzten Wartung aber geändert haben. Ich war überrascht, wie groß der Schaden schon war, die letzte Wartung war kein Jahr her. Eine Zahnbürste und etwas Isopropanol haben die ätzende Schweinerei aber schnell wieder bereinigt. Der defekte Kondensator ist dabei ersatzlos rausgeflogen. Das UnleashX Dashboard holt sich beim Booten die Zeit per NTP von meiner Firewall.

Custom BIOS für XBOX HD+ vorbereiten

Damit der XBOX HD+ seine volle Funktionalität entfalten kann, wird ein custom BIOS benötigt, in das ein Kernel Patch loader eingeimpft wird, der wiederum einen Kernel Patch von C:\hdplus\kp.bin lädt. Nur dann funktioniert die Begleitapp, in der u. A. Upscaling-Einstellungen vorgenommen werden können.

Das BIOS sollte folgende Modifikationen enthalten:

  1. LBA48 v3 Patch (drive F takes the rest, as I am using a 1TB drive)
  2. Custom C1024 Logo als EvoX Logo
  3. XBOX HD+ kernel patch loader

Die Reihenfolge scheint hier von Relevanz zu sein. Möglicherweise kann man Schritt 1 und 2 auch vertauschen, aber der Kernel Patch sollte als letztes angewandt werden. Im Patches Verzeichnis im offiziellen Github Repo, gibt es eine Liste an bekannten MD5 Hashes vertrauenswürdiger BIOS files. Hier bekommt man auch den benötigten Patch nebst offizieller Kernel-Patch-Anleitung. Ein passendes m8plus BIOS sowie das EVtool bekommt man aus den üblichen Quellen.

Achtung: Von den Patches ist nur der m8plus-kpatcher.ips für das HD+ (bzw. dessen Companion App) gedacht, die anderen sind die 1.4.3er Version primär für den Xbox HDMI. Wobei der HD+ abwärtskompatibel zu diesen ist und auch mit der alten App verwendet werden kann. Dann büßt man allerdings die Upscaling-Fähigkeit ein, umgeht aber 2 noch offene Bugs in der Firmware, an denen derzeit gearbeitet wird. Ich hab mir daher 2 BIOSe gepatcht, einen mit dem 1.4.3er und eines mit dem 1.0.2 kpatch loader. So kann ich beide Apps verwenden und Firmwareupdates durch umschalten der Speicherbank vom Modchip schnell ausprobieren.

BIOS patchen

Folgende Schritte haben mich nun zu meinem custom BIOS für das XBOX HD+ geführt:

  • Open M8plus.bin (Für 1.6er Konsolen nimmt man M8plus_16.bin)
  • LBA48 Support auf (Partition 6 Takes Rest of the Drive”), da ich eine 1TB große HDD verwende
  • Save as M8plus_lba48v3.bin
  • Open M8plus_lba48v3.bin
  • Import Evox Logo -> logo.dds (128×128 Pixel RGBA4 Format Direct Draw Surface)
  • Save as M8plus_lba48_v3_c1024.bin
  • Unpack M8plus_lba48_v3_c1024.bin, save kernel to m8plus_lba48v3_c1024_kernel.img
  • python-ips -b m8plus_kpatcher.ips m8plus_lba48v3_c1024_kernel.img (andere IPS Patcher, wie LunarIPS funktionieren natürlich auch)
  • python-ips -b m8plus_true_128MB_fixed.ips m8plus_lba48v3_c1024_kernel.img (optional – 128MB BIOS Patch – nur für XBOX mit RAM-Erweiterung, Patch von MakeMHz Dustin, CC0 Lizenz)
  • Pack m8plus_lba48v3_c1024_kernel.img and M8plus_lba48_v3_c1024.bin into M8plus_lba48_v3_c1024_hdplus.bin

Custom BIOS auf den Modchip flashen

Wer einen OpenXenium Chip in seinem System hat, hat hier nun eine Vielzahl von Optionen, das BIOS in den Speicher des Chips zu bekommen, von Ablage auf der Festplatte, Upload via HTTP, bis zu Booten aus dem Netz. Und vermutlich noch einige mehr.

Mein toller Chip will aber ausschließlich von einem Win2000/XP und auch fast nur von Intel-USB-controllern geflasht werden. Feel my pain!

Erwähnte ich bereits, dass man Steinzeitbetriebssystem nicht halbwegs schmerzfrei von einem USB-Stick installieren kann? Theoretisch hätte ich noch ein USB Laufwerk besitzen müssen, das war aber nicht auffindbar. Danke Prime Sameday für ein neues USB-DVD Laufwerk im Jahr 2022.

Nun sollte die XBOX wieder wie gewohnt in Euer Dash booten. Und die hdplus app sollte den kernel patch loader erkannt haben. Wichtig: die XBOX HD+ App sollte nach C:\hdplus kopiert werden, da der Verweis zu C:\hdplus\kp.bin statisch vorgegeben ist.

XBOX HD+ in die XBOX einbauen

QSB Board installieren

Nun kann das QSB Board installiert werden. Hierzu wird ein Kondensator entfernt und das QSB passgenau an anderer Stelle eingelötet. Die Lötpunkte sind groß, die Fertigungstoleranzen gut und ein feiner Lötkolben ist auch nicht erforderlich. Folgt man der bebilderten Anleitung, ist das alles kein Problem. Das Ergebnis sieht dann so aus. Die Konsole sollte nach Einbau des QSB Boards nach wie vor booten können.

AV-Port entfernen

Der AV Port muss runter. Weil der aus viel Metall besteht und Metall wärme gut leitet, muss man mit viel Hitze an ihn herangehen. Und damit es von den nah angrenzenden SMD Teilen dabei nichts weg pustet, erst mal die Umgebung großzügig mit Kapton-Tape abkleben. Die Lötpunkte versehe ich alle noch einmal mit frischem Lötzinn und Flux. Dann die Heatgun auf 330°C einstellen und wacker drauf halten. Mit einem flachen, metallenen Hebelwerkzeug baue ich dabei Etwas Zugkraft nach unten auf.

In seinem Howto Video erklärt und zeigt Dustin von MakeMHz diese und weitere Methoden, den AV-Port zu entfernen.

Drahtbrücken zur Videomodusauswahl setzen

Die Pins 13 und 11 müssen auf GND gezogen werden, um die Videomodi 2 und 3 zu aktivieren. Dies mache ich auf der Rückseite des Mainboards mit kurzen Stücken Silberlackdraht.

XBOX HD+ Flex Kabel anbringen

Dieser Teil fiel mir am schwersten. Nicht nur, weil es gewöhnungsbedürftig ist, unter dem Mikroskop zu arbeiten. Ich habe des Flexkabels zuerst mit reichtlich Flussmittel eingeschmiert und bin mit etwas Lötzinn an der Spitze beide Seiten der Kupferpads abgefahren, um die Kontakte zu verzinnen. Anschließend richte ich das Flexkabel so präzise wie möglich aus und tagge einen der äußeren Pins, damit sich das Flachbandkabel nicht mehr bewegen kann. Anschließend erhitze ich Pad für Pad des Flexkabels unter Verwendung von viel Flux und achte dabei auf eine durchgängige Lötbrücke zwischen Beinchen vom Videoenkoder und Flexkabel.

Da mein erster Versuch offenbar zu keinem stabilen Signal lock zwischen XBOX HD+ und Focus Encoder führte, habe ich den ganzen Vorgang in meinem 2. Anlauf gefilmt. In glorreichem 2K

So sollte es dann am Ende Aussehen. Direkt nach dem Löten und nach der Reinigung mit Isopropanol. Gut gereinigt, hab ich die Lötbrücken zwischen den Beinchen mit einem Multimeter frei gemessen.

Hilfsdrähte

Neben dem Videosignal bedarf es noch ein paar zusätzlichen Käbelchen, die alle im Kit enthalten sind. Diese werden u. A. benötigt, um den XBOX HD+ mit Strom zu versorgen und das digitale SP/DIF Audiosignal abzugreifen. Die Lötpads sind großzügig bemessen und die Installation sollte keine größeren Probleme darstellen.

Montage des XBOX HD+ Boards

Der mitgelieferte, 3D-gedruckte Abstandshalter wird mit den Schrauben an die alten Schraublöchern des AV-Ports im Gehäuse festgeschraubt. Gleichzeitig ist etwas Vorsicht geboten, das Board um den Kondensator herum in Position zu bringen und gleichzeitig die Aussparung für den HDMI-Port zu treffen.

Der erste Einschalttest

Schaltet man die Konsole nun ein, sollte die grüne LED vom XBOX HD+ leuchten und Signal Lock auf das Videosignal signalisieren. Die blaue LED sollte zur Anzeige von Aktivität regelmäßig blinken. Zeitnah sollte sich der über HDMI angeschlossene Monitor rühren und die XBOX Flubber Animation in pixelperfekter Art- und Weise anzeigen. Zuguterletzt sollte mit UnleashX das Dash von der Festplatte starten und gemäß meinen Einstellungen in den 1080i Modus wechseln.

Auch einen Systemtest kann man nochmal durchführen

Videoqualität (und 5.1 Dolby Digital / AC3 Sound)

Die Bildqualität ist schon erstaunlich gut, leider kommen die HDMI-Captures nicht so schön rüber, da ich die billigste 10€ capture Lösung geklickt habe, die ich finden konnte. Sie gibt auch nur wie eine Webcma MJPEG aus. Aber das Bild auf dem Monitor ist pixelperfekt und so scharf wie ich es noch nie zuvor gesehen habe – schärfer auch als analoges Component Signal.

Richtig begeistert bin ich aber vom 5.1 Sound, den ich durch diese Lösung, das erste mal aus einer originalen XBOX kommen gehört habe. Bitstream audio kann mein HDMI-Capturer freilich auch nicht einfangen. Damit die 5.1 Ausgabe eingestellt werden kann, ist allerdings noch der legacy BIOS Patch 1.4.3 nötig, mit diesem gibt es auch keine Artefakte am oberen Bildschirmrand, wenn Upscaling genutzt wird. Für beide Probleme gibt es offene Issues im git und es wird derzeit an einem Firmware-Update gearbeitet.

MX vs. ATV Unleashed 1080i

Aber ich hab auch nie behauptet, gut Motorrad fahren zu können

Hier gibt es noch eine Liste, welche originalen XBOX Spiele welche Ausgabemodi unterstützen:

https://en.everybodywiki.com/List_of_Xbox_games_with_alternate_display_modes

Und hier einen Forumsthread mit XBE-Patches, die zum Teil höhere Auflösungen und 128MB RAM Untersützung ermöglichen, aber auch 16:9 patches für Spiele, die dieses Seitenverhältnis nicht nativ beherrschen:

https://www.emuxtras.net/forum/viewtopic.php?f=187&t=6203

Autor

Seit Kindheitstagen ist der Computer sein Begleiter. Was mit Linux anfing, wurde 2005 ein/e Beruf/ung, die weit über den Arbeitsplatz hinausgeht. Durch stetige Weiterentwicklung fasste er auch im *BSD Segment Fuß und bietet mittlerweile professionelle Lösungen im Bereich Hosting, Networking und Infrastruktur an. Als Ausgleich beschäftigt er sich neben Computerspielen mit der Fotografie.

4 Kommentare Neuen Kommentar hinzufügen

  1. […] Ein weiteres mal zerlege ich meine geliebte Jugendzimmerkonsole um ihr mit “Project Stellar” einen neuen, modernen Modchip zu verpassen. Das Ding lediglich “Modchip” zu nennen, greift dabei allerdings etwas kurz. Auch wenn die primäre Funktion des Gerätes weiterhin ist, unsignierten Code auszuführen, so leistet das Gerät doch einiges mehr. Dabei verzichtet er auf krude Binärhacks und geklaute IP (intellectual property) – wie es die historischen Hack-BIOSe gerne tun. Und dabei werden gängie verbreitete, Techniken für große Festplatten wie LBAv2/LBAv3 und die cerbios-Variante für sehr große 2TB+ HDDs/SSDs unterstützt. Und sogar ein eigenes Menü mit Einstellungen, Tools und Diagnosefunktionen ist mit dabei. Selbstverständlich wird auch der aus dem Hause MakeMHz stammende HD+-Mod ebenfalls unterstützt. Diesen habe ich vor einiger Zeit bereits installiert. […]

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